Zukunftsrede: Wer wir waren

Zukunftsrede: Wer wir waren

„Wer wir waren“ ist das letzte Buch von Roger Willemsen. Es wurde aus einer Rede und vielen Gedankenblättern von Freunden kuratiert und veröffentlicht. So ist es der Versuch, die Gegenwart von der Zukunft her zu betrachten, und durch die zeitliche Distanz das Hier und Jetzt zu erkennen. „Wer werden wir gewesen sein?“ Das fragt Willemsen aus der Perspektive des Futur II.

Die Zukunft stagniert

Er schreibt über grelle Leuchtreklamen, zwischenmenschliche Distanzen, den Konsum, der uns beherrscht, schwirrende Informationen, Wahlkampfparolen und die allherrschende Aufmerksamkeitsökonomie unserer Gegenwart. Wir sehen uns selbst dabei zu, wie wir Tag für Tag Nachrichten über die Klimakrise konsumieren, uns die Bilder von Waldbränden und Überschwemmungen anschauen, aber nicht handeln. Es ist ein Blick in den Spiegel, mit der Erkenntnis, dass die großen Träume ausgeträumt sind und die Zukunft stagniert.

Die Zukunft“, so schreibt Willemsen, „ist ein röhrender Hirsch über dem Sofa, ein Kitsch, vollgesogen mit rührender Sehnsucht und Schwindel.“ Im Zeitalter der Informationsflut sind wir zerstreut, nie ganz in der Gegenwart, und dabei ist uns die Zukunft abhandengekommen.

Zukunftsbewusstsein zurückerobern

Der Autor plädiert dafür, sich das Zukunftsbewusstsein zurückzuerobern, es zu schärfen und an der Zukunftsgestaltung teilzunehmen. Den allgemeinen Blick bei aller Selfieness wieder darauf zu richten, was im Großen ist, was einmal sein kann und was einmal gewesen sein kann.

„Wer wir waren“ ist ein Text, der mich auf eine besondere Weise wachgerüttelt hat. Roger Willems interpretiert als Gegenwartsbeobachter die Zukunft: scharf, melancholisch, tiefsinnig, und es ist für uns eine Handlungsanweisung, die Zukunft lebenswert zu gestalten.

Zitatebox

„Kaum blickten wir in die Vergangenheit, sahen wir nichts als Fortschritt. Kaum blickten wir in die Zukunft, nichts als Niedergang.

„Wir waren jene, die wussten, aber nicht verstanden, die begriffen, aber sich nicht vergegenwärtigen konnten, voller Information, aber ohne Erkenntnis, randvoll mit Wissen, aber mager an Erfahrung. So gingen wir, nicht aufgehalten von uns selbst.“

Die letzte Epoche der Utopie hat begonnen, und wie alle Ressourcen wird auch die Zukunft knapp.“

Roger Willemsen