Kodak: Wie ein Weltkonzern das digitale Zeitalter verschlief
Es war einmal ein Unternehmen, das fast synonym für Fotografie stand: Kodak. Jahrzehntelang dominierte die Firma den Markt für analoge Kameras und Filme weltweit, bis sie im digitalen Zeitalter fast über Nacht in die Bedeutungslosigkeit rutschte. Doch war es wirklich nur die digitale Revolution, die Kodak zu Fall brachte? Oder liegt der wahre Grund tiefer?
Der Anfang vom Ende: Eine Chance wurde zur Bedrohung
Ironischerweise war es das Unternehmen Kodak selbst, das 1975 (!) die erste digitale Kamera entwickelte. Ingenieur Steve Sasson präsentierte einen Prototyp, der Bilder auf ein digitales Band speicherte. Die Reaktion des Managements? Ungläubiges Kopfschütteln. Man konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass Menschen auf Fotopapier verzichten wollten. Die Erfindung wurde weggeschlossen. Es war ein Meilenstein der Technikgeschichte, den niemand feierte.
Warum? Weil Kodak mit der digitalen Fotografie sein eigenes Kerngeschäft kannibalisieren würde. Der hochprofitable Verkauf von Filmrollen, Fotopapier und Entwicklung war das Herzstück des Umsatzes. Die Angst, das bestehende Geschäftsmodell zu gefährden, lähmte jede mutige Entscheidung.
CEO Kay R. Whitmore beharrte an dem Alten
Kay R. Whitmore war lediglich drei Jahre – von 1990 bis 1993 – der CEO von Kodak. Whitmore war kein schlechter Manager, aber ein Mann der alten Schule. Ein Verwalter, kein Gestalter. Er glaubte fest daran, dass Kodak weiterhin auf das vertraute Geschäftsmodell setzen sollte. Seine Überzeugung: Die Digitalfotografie sei ein Nischenmarkt für Nerds, nicht für die Masse. Er unterschätzte den technologischen und kulturellen Wandel fundamental. Das Problem: Whitmore konnte – oder wollte – mit der digitalen Welt absolut nichts anfangen. Das könnte auch der Grund dafür gewesen sein, warum er im Jahr 1990 bei einem Meeting mit Bill Gates eingeschlafen sein soll, als eine mögliche Integration von Kodak-Photo-CDs mit Windows diskutiert wurde.
Der wahre Grund für den Untergang: Kulturelle Arroganz und Angst vor Kannibalisierung
Kodak war kein Opfer mangelnder Innovationskraft, sondern der eigenen Unternehmenskultur. Der wahre Grund für den Untergang liegt nicht im Fehlen von Technologie oder Talenten, sondern in der strukturellen Verweigerung, sich selbst infrage zu stellen. Statt Transformation aktiv zu gestalten, hielt man an überholten Erfolgsmodellen fest.
Kodak zeigt exemplarisch: Technologischer Fortschritt allein reicht nicht. Ohne eine Kultur der Offenheit, Veränderungsbereitschaft und die Fähigkeit, das eigene Geschäftsmodell infrage zu stellen, kann selbst ein Branchenprimus in kürzester Zeit fallen.